Bitcoin-Diskussion: "Mit Distanz und Neugier!"

14.11.2024

Ist Bitcoin die Währung von Morgen? Das wollten Andreas Deuschle und ich wissen. 

Im Denkendorfer Bürgertreff haben wir mit Experten und gut 70 interessierten Gästen diskutiert. Für Perihan Karacam, die als Referentin für Geldwäsche- und Betrugsprävention mit Schwerpunkt Kryptowährung arbeitet, ist die Sache klar: „Bitcoin bietet uns Chancen, wenn wir verantwortungsvoll damit umgehen.“ Denn dann sei das dezentrale Finanzsystem dieser Kryptowährung sogar „resistent gegenüber den Schwächen des traditionellen Finanzwesens.“ Der Grund: Die Anzahl der Bitcoins ist auf 21 Millionen begrenzt, weshalb die verfügbare Menge nicht außer Kontrolle geraten und es somit nicht zur Inflation kommen kann.

Viele Betrugsmethoden im Gange

Allerdings berge das Zahlungsmittel auch Nachteile und Risiken, warnt die Expertin. „Bitcoin ist beliebt bei Cyber-Kriminellen“, so Karacam. Denn Transaktionen ließen sich weltweit schnell und pseudonymisiert tätigen und seien nicht rückabwickelbar. So sollten Verbraucher achtsam sein, da viele Betrugsmethoden im Gange seien: „Prüfen Sie immer die Plausibilität eines Angebots, einer Bitte oder eines Versprechens. Und lassen Sie sich nie unter Druck setzen!“ Vor allem: „Fangen Sie bei den 20.000 verschiedenen Kryptowährungen nicht zu zocken an!“

Potential bei langfristiger Anlage

Allein der Bitcoin-Kurs schwanke enorm, die Durchschnittsvolatilität liege bei 72 Prozent. „Wenn man in Bitcoin investieren will, sollte man das langfristig tun“, so die Expertin. „Dann hat Bitcoin Potential!“ Wer 2012 etwa für 5 Euro einen Bitcoin gekauft habe, habe damit heute 82.000 Euro Gewinn gemacht. Karacam rät allerdings, Bitcoin nur an Krypto-Börsen zu handeln, die auch von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) lizenziert sind.

67 Bitcoin-Geschäfte in Baden-Württemberg

Ihr Fazit: „Die Akzeptanz von Bitcoin hat zugenommen!“ Das Zahlungsmittel sei nicht mehr nur die „Währung einfacher Leute“, sondern inzwischen auch von institutionellen Anlegern wie BlackRock. In Deutschland könne man außerdem inzwischen an knapp 1.200 Stellen mit Bitcoin bezahlen, darunter sind 67 Stellen in Baden-Württemberg, 16 in Stuttgart.

Für einen Haarschnitt mit Bitcoin bezahlen

Zu den Bitcoin-Pionieren in Esslingen zählt der frühere Friseur Peter Gress. 2022 hatte er in seinem Salon die Möglichkeit geschaffen, mit Bitcoin zu bezahlen. „Ich mag 68 Jahre alt sein, aber ich find’s einfach gut“, so Gress. „Wenn ich in Geschäften schon das Schild ,Only Cash‘ sehe, regt mich das auf.“ Bei der Krypto-Währung gebe es aber keine Ausrede mehr: Die Transaktionskosten lägen bei maximal einem Cent.

Vor allem aber die Kundenfreundlichkeit gab für den früheren Unternehmer den Ausschlag dafür, die Bitcoin-Zahlung anzubieten: „Zielgruppe waren junge, technikaffine Männer, aber meine älteste Kundin, die so bezahlen wollte, war 74!“ Innerhalb eines Jahres hätten 24 Kunden bei ihm mit Bitcoin bezahlt, doppelt so viele als erwartet. Doch unabhängig davon wirbt Peter Gress für mehr Agilität und Innovationsfreude: „Die Zukunft wartet nicht auf die Zögerlichen!“

„Kryptowährung als Ergänzung des Bestehenden“

„Wir sollten nicht naiv, aber auch nicht verschlossen sein“, resümiert der Esslinger CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Deuschle die Diskussion. „Die Kryptowährung kann eine Ergänzung des Bestehenden sein.“ Denn auch das Bestehende sei nicht immer so stabil wie erhofft, so der Politiker unter Verweis auf die Bankenkrise 2008. Deuschle: „Dass Banken faule Kredite vergeben, würde mit dem geschlossenen System von Bitcoin nicht passieren.“ Insofern gelte es, über Kryptowährungen aufzuklären und sie „nicht zu verteufeln.“

Aus meiner Sicht schwanken die Kryptowährungen noch zu extrem, um dem Sicherheitsbedürfnis einer Gesellschaft zu genügen. Doch Kryptowährungen sind „Postkarten aus der Zukunft“. Ich schaue auf dieses Thema daher mit Neugier und Distanz. Als jemand, der sich durchaus auch als "konservativ" bezeichnen würde, ist es mein Anspruch an gute Politik, diesen Wandel so sinnvoll und verträglich wie möglich zu gestalten. Es ist deshalb richtig, dass wir als CDU ein solches Zukunftsthema adressieren.